Am 27. und 28.11.2007 fand das 8. Innovations-Benchmarking in Frankfurt
am Main statt.
Gastgeber war dieses Jahr die Deutsche Lufthansa. Vertreter der deutschen
Wirtschaft (Deutsche Lufthansa, Daimler, Volkswagen, Henkel, Profine, Dräger
Safety, Bayer, Ihringshausen, MTU…. ) und erstmalig auch von Nonprofit-Organisationen
(Aktion Deutschland Hilft, Forum Ziviler Friedensdienst) nahmen an der Veranstaltung
teil, schilderten Sprunginnovationen und Strategien zur Innovationsentwicklung
aus ihren Unternehmen und erörterten, welche Stolpersteine es dabei
zu meiden gilt. Die Veranstaltung, eine Mischung aus Wirtschaft, Nonprofit
und einer Prise Kunst war für alle Teilnehmer spannend und bereichernd.
Dr. Thomas Endres, CIO von Lufthansa, eröffnete die Veranstaltung. Er betonte: „In all unsere Innovationen müssen wir die Geschichte unseres Unternehmens einbeziehen, weil unsere Kunden neben allen neuen Produkten den Klassiker Lufthansa erwarten.“
Dr. Klaus-Stephan Otto, Mitveranstalter und Autor des Buches „Evolutionsmanagement“,
gab eine Einführung in das Thema „Sprunginnovationen“. Er
zeigte auf, wie Sprunginnovationen in der Natur beispielgebend für Innovationen
in Unternehmen sein können. Sprunginnovationen in der Natur verlaufen
selten plötzlich, vielmehr haben sie in der Regel eine evolutionäre
Geschichte. In Unternehmen unterliegt die Innovationsentwicklung außerdem
Bedingungen wie der Innovationskultur, den Markterfordernissen und der Wertschöpfung.
Insbesondere die Innovationskultur, die in verschiedenen Aspekten zum Ausdruck
kommt, wie Strategie, Struktur, Systemen, Umfeldwahrnehmung, Mitarbeiterkompetenz,
Ressourceneinsatz und Evolutionskompetenz, spielt eine große Rolle.
Sich flexibel zwischen den Polaritäten wie Chaos und Ordnung, Bewahren
und Zerstören, Vielfalt und Auswahl zu bewegen und gleichzeitig den
Mut zu haben, die Polung zu wechseln, sind gute Voraussetzungen für
die Entstehung von Innovationen.
Dr. Daniel Erlacher, Sportwissenschaftler von der Uni Heidelberg, lud alle
Teilnehmer zum Träumen ein. Er zeigte, wie wir mit Hilfe des Luciden
Träumens neue Ideen finden und Probleme lösen können.
Genauso beeindruckend war das Referat von Herrn Schirk von Dräger Safety
zum Customer Process Monitoring. Dieses dient dazu, relevante Informationen über
Kunden- bzw. über Anwendungsprozesse und das damit verbundene Verhalten
zu erlangen. In diesem Verfahren werden Kriterien entwickelt, wie die eigenen
Produkte und Leistungen gegenüber den Wettbewerbern differenziert werden
können.
Christopher Siegloch, Lufthansa Passage Produktmanagement & Innovationen, stellte den Teilnehmern ein ausgereiftes Konzept für Innovationsmanagement vor. Mit Hilfe von „Entscheidungs-Gates“ können Innovationsprozesse transparenter und schneller gestaltet werden. Dem Produktentwicklungsprozess werden klare Bewertungskriterien vorgeschaltet. Des Weiteren wird die Methode „Innovationslab“ zur Ideengewinnung bei Lufthansa sehr erfolgreich eingesetzt. Diese Veranstaltung setzt sich zu jeweils einem Drittel aus Mitarbeitern der Lufthansa, tangierenden Experten und Kunden zusammen. Für die Ideengenerierung werden Zukunftstrends berücksichtigt.
Herr Stempelmann von der Lufthansa Technik berichtete über die Einführung von RFID Funkchips als einer Sprunginnovation im Bereich Logistik/IT. Mit der Neuerung sei eine große Veränderung für die gesamte Logistik der Lufthansa, besonders aber für die Ersatzteilversorgung, verbunden gewesen.
Dr. Tilman Evers vom zivilen Friedensdienst stellte das Forum ZFD als eine Sprunginnovation aus dem politisch-gesellschaftlichen Bereich vor. Seine Ausführungen waren gerade für die größtenteils aus Unternehmen kommenden anderen Teilnehmer eine spannende Bereicherung.
Herr Frank Suthoff von der Firma Profine führte den Teilnehmern eine Innovation aus dem Bereich Fensterbau vor. Durch eine spezielle Klebetechnik ist es Profine gelungen Fenster mit einem sehr schmalen Design zu entwickeln, die gleichzeitig den heutigen Energiesparstandards gerecht werden.
Dr. Matthias Sunder von Henkel veranschaulichte, wie es Henkel gelungen ist, die Megaperls als Innovation mit langfristigem Wettbewerbsvorteil auf den Markt zu bringen. Außerdem berichtete er darüber, wie „Inno-Power-Teams“ und Roadmaps, die allgemeine, technische, Branding- und Konsumententrends betrachten, Henkel zu innovativem Erfolg führen.
Dr. Jörg Huslage von VW referierte über die Brennstoffzelle als Sprunginnovation in der Automobilbranche. Diese sei ein Beispiel dafür, dass der Weg zum Durchbruch von Innovationen lang und steinig sein kann.
Zu einer besonderen Herausforderung für alle Teilnehmer wurde eine unmögliche Aufgabe, die von dem Künstler Jörg Reckhenrich angeleitet wurde. Die Ergebnisse der Gruppen waren bemerkenswert: Innerhalb von 1,5 Stunden wurde eine Spendenaktion für den Zivilen Friedensdienst eingeleitet, mit der 40.000 Menschen bei Lufthansa erreicht werden konnten.
Dass Sprünge Mut erfordern, im Ziel nicht immer genau vorhersagbar sind und einer gewissen Bewegungsfreiheit bedürfen, konnten die Teilnehmer im Workshop durch eine schwungvolle Übung am eigenen Leib erfahren.
Am zweiten Tag stellte Stefan Skirl (IAK) innovative Neuigkeiten aus dem Mittelstand vor. Warum bringt der Mittelstand oft weit mehr Innovationen hervor als große Konzerne? Folgende Thesen stellt er für erfolgreiche Mittelständler auf: Dort sei Innovation Chefsache; die Kunden hätten einen noch höheren Stellenwert; es bestünde ein gutes Gleichgewicht zwischen Markt- und Technikorientierung; neue Methoden auch aus dem sozialen Bereich, würden ausprobiert; es würden sowohl Durchbruchs-, als auch Verbesserungsinnovationen forciert und man sähe das Innovationspotential in Abhängigkeit von den Mitarbeitern.
Eine Lufthansa-Besichtigung rundete die Veranstaltung ab. Ein pensionierter Flugkapitän führte durch Werft, Flight- und Sicherheitstraining. Wussten Sie eigentlich schon, dass die Lufthansapiloten zweimal jährlich ihre Fluglizenz erneuern müssen, die Ausbildung zum Flugkapitän mindestens 14 Jahre dauert, im Notfall alle Passagiere eines Flugzeugs innerhalb von 90 Sekunden evakuiert werden müssen?
Das 8. Innovations-Benchmarking hat es geschafft, den Blickwinkel der Teilnehmenden
zu erweitern und intensive Austauschmöglichkeiten zu bieten. Besonders
die Zusammenarbeit von Vertretern aus dem Profit- und Nonprofit-Bereich hat
sich als sehr fruchtbar erwiesen.
Zitate wie: „Sprunginnovationen kommen nicht häufig vor, aber das ist auch o. k. so“ und „Wer noch nie gescheitert ist, hat vermutlich seine Grenzen noch nicht erreicht“ zeigten, dass Sprunginnovationen zwar wünschenswert sind, aber auch Risiken in sich bergen.
Es wurde zudem deutlich, dass sich Innovationsprozesse durchaus strukturieren lassen und dass die Unternehmenskultur sowie auch die Chefetage eine große Rolle für den Durchbruch von Innovationen spielen.
Klaus-Stephan Otto, Stefan Skirl, Regina Ostholt und Kai Orthmann bedanken sich herzlich bei den Teilnehmern und Referenten für ihre Offenheit und ihre aktive und kreative Teilnahme an den zwei Tagen!